Mindestens 200 Menschen haben gestern in Duisburg-Neumühl gegen die rassistische Hetze vieler Anwohner_innen demonstriert. Jüngster Anlass waren die fremdenfeindlichen Tumulte während einer Bürger_innenversammlung vor einer Woche sowie die Hetzkampagne gegen Roma, die Neumühler Bürger_innen im Internet losgetreten haben.
Stahlwerk und Zeche sind weg – der Stadtteil verkommt. Was den rassistischen Neumühler Mob jetzt noch eint, ist der Hass auf “die Anderen”. Zugezogene sind ihnen “Zigeuner”, die ihre Kinder entführen wollen. Sogar noch mehr Angst macht ihnen die Aussicht auf eine Notunterkunft für Asylsuchende, die nun doch im ehemaligen Barbara-Hospital eingerichtet werden soll. Vor einem Jahr hatte der Mob das Vorhaben noch verhindern können. Die Stadtverwaltung war vor den xenophoben Protesten eingeknickt.
Die Ressentiments kommen aus der Mitte der Neumühler Anwohner_innenschaft, die Aktionen werden angeführt von der rassistischen Kleinpartei PRO NRW. Bei den Kommunalwahlen stimmten in Neumühl satte 10 Prozent für PRO. 15 Stadtratskandidat_innen wohnen hier. Auch NPD und sogenannte “Identitäre” sind Teil des Mobs. So war es auch am vergangenen Freitag, als eine Bürger_innenversammlung zum Thema Notunterkunft eskalierte.
Hunderte Gäste brüllten die Vertreter der Stadt nieder, welche ihrerseits durchaus Verständnis für einige der Vorurteile äußerten. Vermeintlich Andersdenkende wurden attackiert und mussten von der Polizei aus dem Stadtteil eskortiert werden. “Kein Asyl in Neumühl” ist der Schlachtruf der Hetzer_innen, die sich auf einen “heißen Herbst” gegen Geflüchtete freuen. Im Internet fordern hunderte Postings zu Mord, Totschlag und Brandanschlägen an “Zigeunern” und Asylsuchenden auf, ja sogar zu organisierter Vernichtung.
Wir kommen nicht um zu diskutieren. Neumühl halt’s Maul! Lasst die Geflüchteten in Ruhe – sonst lassen wir euch keine Ruhe!
Auf einer Informationsveranstaltung, die am 19.09. in einem Neumühler Gemeindezentrum stattfand, ergingen sich viele Bürger in fremdenfeindlichen Hasstiraden, applaudierten den Hetzreden von PRO NRW und NPD, brüllten die Vertreter_innen der Stadt nieder, und griffen Gegenredner_innen verbal und körperlich an. Am Tag zuvor hatten Neumühler Bürger_innen über Facebook das Gerücht gestreut, Roma hätten im Stadtteil versucht, ein Kind zu entführen. Obwohl die Polizei diese Falschmeldung unverzüglich dementierte, verbreiteten tausende Facebook-Nutzer_innen die Behauptung weiter und riefen zum Teil unverhohlen zum Mord an den angeblichen Täterinnen auf.
Die Demonstration wurde immer wieder von Anwohner_innen am Straßenrand provoziert. Auf dem Hohenzollernplatz hatte sich sogar eine kleine Gegenkundgebung gebildet. Bis zur Abschlusskundgebung versuchten Personen mehrmals, über Seitenstraßen zur Demonstration zu gelangen, um diese zu provozieren und anzugreifen. Die Polizei sprach mehrere Platzverweise aus. Zu den Aktionen hatte unter anderem die örtliche Neonazigruppe Nationaler Widerstand Duisburg aufgerufen. In einigen Fenstern an der Demoroute hingen Deutschlandfahnen, in Hinterhöfen gar Reichskriegs- und Runenflaggen. Neumühl ist ein Tummelplatz für Rassist_innen, die ihre Hetze weitgehend unwidersprochen verbreiten können. Deutlich wurde heute einmal mehr, dass die Rassist_innen in Neumühl keine zugereisten Trittbrettfahrer sind die auf Kosten der Bevölkerung ihr Süppchen kochen – es ist die Neumühler Dorfgemeinschaft selbst, die keine Fremden in der Nachbarschaft haben will. Daher lautete die Botschaft der Demonstration: “Wir kommen nicht um zu diskutieren. Lasst die Geflüchteten in Ruhe, sonst lassen wir euch keine Ruhe!”. Die heftigen Reaktionen auf unsere Demo zeigen, dass wir wohl noch öfter kommen müssen.
Wir haben uns bewusst für eine offensive und kämpferische Demonstration entschieden. Rassistische Hetze und Gewalt wird immer auf unsere entschlossene Gegenwehr stoßen – auch in Neumühl. Das haben wir mit unserer Demonstration unmissverständlich klar gemacht.
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